GRAN GIUBILO

Zum 500. Geburtstag vonGiovanni Pierluigi da Palestrina (1525 - 1594)

HORTUS MUSICUS 

Christa Mäurer - Sopran

Waltraud Russegger - Mezzosopran

Michael Nowak - Tenor

Günter Mattitsch - Bariton

Dietmar Pickl - Bass 


Programm

 

 

Giovanni Pierluigi da Palestrina   

(1525-1594) 

                                

  

 

Osculetur me

 

Dilectus meus

 

Vergine bella

 

Dammi, scala del ciel

 

Vineam meam non custodivi

 

Vergine pura

 

Caput eius

 

Vergine sola al mondo

 

E, se il pensier

 

Quae est ista

 

Pulchra es

 

Vergine quante lagrime

 

Nigra sum, sed formosa

 

Vergine tale è terra

 

Fasciculus myrrae

 

Vergine chiara

 

E tu signor, tu la tua grazia in infondi



Der heutige Konzertabend gedenkt der Wiederkehr des 500. Geburtstags von Giovanni Pierluigi, der schon zu seinen Lebzeiten nach seinem Geburtsort Palestrina in Latium Palestrina genannt worden ist, unter diesem Namen wir ihn bis heute kennen. Er ist wohl unwidersprochen d e r Kirchenmusiker der Renaissance schlechthin, der ein umfassendes, riesiges Werk hinterlassen hat: 113 Messen in 14 Büchern, 72 Lamentationen, 35 Vertonungen des Magnificat, 77 Hymnen, 11 Litaneien, 56 geistliche und 93 weltliche Madrigale, Motetten, geistliche Lieder u.a.m. In der Tat ein

musicae princeps (Fürst der Musik) wie die Aufschrift auf seinem Epitaph im Petersdom von Rom lautet.

Palestrina wird häufig als Retter der Kirchenmusik genannt, was in dieser eindeutigen Zuschreibung nicht stimmt. Das Konzil von Trient (1545-1563) hat sich zwar mit der Musik innerhalb der Liturgie auseinandergesetzt und Textverständlichkeit der sakralen Musik gefordert, die in der ausufernden Polyphonie der frankoflämischen Schule großteils verloren gegangen war, aber auch schon vor dem Konzil wurden die textreichen Teile der Messe (Gloria, Credo) eher im homophonen Satz geschrieben, während Kyrie, Sanctus und Agnus Dei Platz für polyphone Stimmführung boten. Auch die Erzählung des Agostino Agazarri, dass die sogenannte Missa Papae Marcelli von Palestrina aus dem Jahr 1562, die trotz Polyphonie große Textverständlichkeit bot, die Konzilsteilnehmer beeinflusst haben sollte, liegt im Bereich der Legende, zumal sie erst im 17. Jahrhundert aufgekommen ist. Musikalisch ist in Trient recht wenig beschlossen worden, Parodiemessen sowie laszive weltliche Texte wurden untersagt. Die Ausschmückung der Liturgie durch Musik ausdrücklich gewünscht.

Das Hohelied Salomon - so hat es Martin Luther in seiner Bibelübersetzung genannt - das Canticum Canticorum, besteht bei Palestrina aus 29 Motetten. Die Texte schildern in blumiger Sprache die Liebe zwischen Mann und Frau, deren Lobpreisen des jeweils Anderen, deren Suchen und Finden. Der Abend bringt davon Ausschnitte von insgesamt 7 Motetten.

Der bedeutende Dichter des Trecento ist Francesco Petrarca (1304-1374). In seinem Zyklus Le Vergini di Petrarca bittet er die Muttergottes, ihn von der irdischen Liebe zu seiner geliebten „Madonna Laura“ zu befreien und erfleht von ihr die Fürsprache Gottes, um seinen Geist in Frieden empfangen

zu können.

Laura war für Petrarca die - zwar unerreichbare - ideale Frauengestalt, die gleichsam zur Quelle der Inspiration seines dichterischen Schaffens wird.

Ergänzt wird das Programm mit Madrigalen aus dem 2. Buch der 5-stimmigen Madrigale, das den „Schwanengesang“ des greisen Meisters enthält.


Übersetzte Texte

 

Osculetur me:

Er küsse mich mit dem Kusse seines Mundes:

denn lieblicher als Wein ist deine Brust,

duftender als die beste Salbe.

Wie ausgegossenes Öl ist dein Name:

darum liebten dich die Jungfrauen.

 

 

Dilectus meus:

Mein Geliebter ist in seinen Garten hinabgestiegen zu den Gewürzbeeten,

dort weidet er im Garten und pflückt die Lilien.

Ich gehöre meinem Geliebten und er gehört mir,

er, der unter den Lilien weidet. 

 

 

Vergine bella:

O Jungfrau schön, umwallt von Sonnenschimmer,

im Sternenkranz, so wert der höchsten Sonne,

dass all ihr Licht auf dich herabgeflossen,

von dir zu reden drängt mich Liebeswonne;

doch kann ich’s ohne deine Hilfe nimmer

und des, der liebend sich auf dich ergossen!

Nach ihr begehr’ ich; ihrer ja genossen

von je, die gläubig riefen.

O Jungfrau, wenn dem tiefen

Jammer der Welt sich je dein Herz erschlossen,

so neige dich herab zu meinem Flehen,

dass mir dein Beistand werde,

obwohl ich Erde, Fürstin du der Höhen.

 

 

Dammi, scala del ciel:

Gib mir, Himmelsleiter und Himmelstor,

dass ich für dich den großen Monarchen in deinen Schoß lege und eintrete,

wo alle Traurigkeit tot ist und jede Freude in vollen Zügen genossen wird.

Meerstern, sei du treues Geleit

für mein zerbrechliches und sündenreiches Holz

von Elend und Sünden, dass es dann einen

glücklicher Hafen mit seinen Auserwählten.

 

 

Vineam meam non custodivi: 

Meinen Weinberg habe ich nicht gehütet.

Sag mir, den meine Seele liebt, wo du weidest,

wo du zu Mittag ruhst, damit ich nicht anfange herumzuirren bei den Herden deiner Genossen.

 

 

Vergine pura:

O reine Jungfrau, durch und durch voll Wahrheit,

ein Licht du diesem, Schmuck dem andern Leben!

Du Kind und Mutter deiner Frucht! Der Erde

ward dein und Gottes Sohn durch dich gegeben

erlauchtes Gnadenfenster voll der Klarheit!

Dass in der letzten Zeit er Heiland werde.

Und unter allen Wohnungen der Erde 

warst du allein geweihte,

O Jungfrau benedeiet,

dass Eva’s Schmerz sich wieder froh gebärde. Verleih’, dass sein Gnade bei mir wohne,

du endlos beglücket

und schon geschmückt mit des Himmels Krone.

 

 

Caput eius:

Sein Haupt ist das reinste Gold, seine Haare sind

wie Palmenkronen, schwarz gleich dem Raben.

Seine Augen sind wie Tauben über den Wasserbächen,

die in Milch gewaschen sind und in überfließenden Strömen wohnen.

 

 

Vergine sola al mondo:

O einz’ge Jungfrau, einig ohn’ Exempel,

die du des Himmels Raum erfüllt mit Liebe,

für die nicht Erste sich noch Zweite findet!

Dein keusches Tun, die heilig frommen Triebe,

dem wahren Gott haben sie zum Tempel

den reinen jungfräulichen Leib gegründet.

Du hast am Leben Freude mir entzündet!

Auf dein Gebet, du Eine!

O Jungfrau, Süße, Reine!

Den größten Sünder, größte Gnad’ entbindet.

Gebeugt so Herz als Knie’, heb’ ich die Hände -

o wolle mich begleiten,

den Irren leiten zu ersehntem Ende!

 

 

E, se il pensier:

Und wenn der Gedanke an den zukünftigen Tod,

der nicht vermieden werden kann, nicht Leben geben kann,

indem er es von verlorenen und verschlungenen Wegen entfernt, und es in des Himmels gerade Straße lenkt.

Gib mir, grüne Zypresse, wohin der Hof meine Augen sich wenden,

und bete um die unendliche Güte deines Sohnes,

dass du das Ende bereitest meiner kranken und sterblichen Jahre.

 

 

Quae est ista:

Wer ist diese, die da herkommt wie die aufsteigende Morgenröte,

schön wie der Mond, auserlesen wie die Sonne,

furchterregend wie ein geordnetes Heerlager?

 

 

Pulchra es:

Du bist schön, meine Freundin, liebreich und geschmückt wie Jerusalem:

furchterregend wie ein geordnetes Heerlager.

Wende deine Augen von mir ab, denn sie bringen mich dazu, vor dir zu fliehen. 

 

 

Vergine quante lagrime:

O Jungfrau, wie so viel hab’ ich der Tränen,

Gebete und Schmeichelworte schon verloren,

und Angst mir nur erworben und Beschwerden!

Seit an des Arno Strand ich ward geboren,

umhergetrieben rings von blindem Sehnen,

war nichts als Weh mein Leben hier auf Erden.

Sterbliche Reize haben und Gebärden

und Worte mich berücket.

O Jungfrau, hochbeglücket!

Dem Todesnahen komm ein Schirm zu werden!

Wohl flüchtiger sind meine Tag’ als Pfeile,

von Schmach und Sand’ umfangen,

dahingegangen, und zum Tod ich eile.

 

 

Nigra sum, sed formosa:

Schwarz bin ich, aber schön, Töchter Jerusalems,

wie die Zelte Cedar, wie die Felle Salomons.

Betrachtet mich nicht, denn gebräunt hat mich die Sonne:

die Söhne meiner Mutter lagen mit mir im Streit,

als Hüterin der Weinberge haben  sie mich bestimmt.

 

 

Vergine tale è terra:

O Jungfrau, sie ist Staub und füllt mit Schmerzen

mein Herz, dem lebend Tränen sie entrungen!

Sie  wusste nichts von meinen tausend Plagen,

und wusste sie es auch, was draus entsprungen,

doch wär’s geschehn. Hegt’ andres sie im Herzen,

mir hätt’ es Tod, ihr aber Schmach getragen.

Du Himmelskönigin, und, darf ich’s sagen,

du Göttin hocherhaben!

O Jungfrau reicher Gaben!

Du siehst es ganz. Was sie nicht durften wagen

ist nichts für deine große Kraft. Verleihe

dem Schmerz ein Ziel, o Hehre,

dass dir’s zur Ehre, mir zum Heil gedeihe!

 

 

Fasciculus myrrae: 

Ein Myrrhenbüschel ist mir mein Geliebter, das zwischen meinen Brüsten ruhen soll.

Mein Geliebter ist eine Cyprustraube aus den Weingärten von Engadi.

Siehe, wie schön du bist, meine Freundin, deine Augen sind wie die der Tauben.

 

 

Vergine chiara:

O lichte Jungfrau du, Unwandelbare!

Du treuer Hort den treuen Schiffern allen,

du Stern auf Meeres wild bewegter Höhe,

sieh, wie, von Stürmen furchtbar überfallen,

allein dahin und steuerlos ich fahre,

und wie so nah’ dem letzten Schrei ich stehe!

Von dir nur hofft, dass es ihm wohl ergehe,

das sündige Gemüte.

O Jungfrau du, verhüte

des Widersachers Spott ob meinem Wehe!

Gedenke, wie aus deinem Schoß geboren,

dass er uns Retter werde,

Den Leib der Erde Gott sich auserkoren.

 

 

E tu Signor, tu la tua grazia infondi:

Und du, Herr, flößt deine Gnade

dem Herzen ein; und was den himmlischen Boten betrifft, wußte ich,

dass du allein sie befruchtest die jungfräuliche Geburt deines ewigen Sohnes:

So war ich ihrem tiefen Seufzen ausgeliefert,

seiner weinenden Liebe und des inneren Schmerzes, seines Kreuzes und seines kostbaren Todes,

glücklich fliegst du von mir  zum himmlischen Hof.

Copyright © 2018 Hortus Musicus