Due rose fresche

madrigale der renaissance

Jakob Arcadelt  Andrea Gabrieli  Claudio Monteverdi Cipriano de Rore  Adrian Willaert

Hortus Musicus:

Christa Mäurer (Sopran)

Waltraud Russegger (Mezzosopran)

Michael Nowak (Tenor)

Günter Mattitsch (Bariton)

Dietmar Pickl (Bass)


Programm

 

Claudio Monteverdi       (1567-1643)  

 

 

 

 

Jakob Arcadelt 

(1507-1568)  

 

Adrian Willaert

(um 1490-1562)  

 

Cipriano de Rore

(1516-1565)  

 

Andrea Gabrieli

(1532/33-1585)  

 

Cipriano de Rore

 

Claudio Monteverdi 

 

 

 

Ecco mormora l'onde

O primavera

Non giacinti o narcisi

La bocca onde

Dolcissimi legami

 

 

Il bianco e dolce cigno

 

 

 Amor mi fa morire

 

 

Mia benigna fortuna

Crudele acerba

 

Due rose fresche

 

 

Ancor che col partire

 

Ch'io non t'ami

Rimanti in pace

Ond'ei di morte



Texte (Übersetzungen: Edgar Sallager)

 

 

ECCO MORMORAR L’ONDE

Ecco mormorar l'onde

E tremolar le fronde

A l'aura mattutina e gl'arborscelli

E sovra i rami i vaghi augelli

Cantar soavemente

E rider l'oriente

Ecco già l'alba appare

E si specchia nel mare

E rasserena il cielo

E imperla il dolce gelo

E gl'alti monti indora

O bella e vagh'aurora

L'aura è tua messagiera, e tu de l'aura

Ch'ogn'arso cor ristaura.

 

Es murmeln die Wellen

Und das Laub und die Sträucher zittern

Im Morgenlüftchen,

Und auf den Zweigen singen lieblich

Die anmutigen Vögel,

Und der Osten lacht,

Und da taucht schon die Morgenröte auf

Und spiegelt sich im Meer

Und heitert den Himmel auf

Und läßt das zarte Eis abperlen

Und vergoldet die hohen Berge.

O schöne, liebliche Morgenröte,

Das Lüftchen ist Deine Botin, und Du die des Lüftchens,

Das jedes brennende Herz erquickt.

 

 

O PRIMAVERA

O primavera, gioventù dell’anno,

bella madre de’ fiori,

d’erbe novelle, e di novelli amori;

tu ben lasso ritorni,

ma senza i cari giorni

de le speranze mie;

ma teco altro non torna

che del perduto mio caro tesoro

la rimembranza misera e dolente

tu ben sei quella

ch’eri pur dianzi si vezzosa e bella.

Ma non son io quel che già un tempo fui,

sì caro a gli occhi altrui.

 

O Frühling, Jugendzeit des Jahres,

schöne Mutter der Blumen,

frischer Gräser und frischer Liebesbande;

Du kehrst zwar zurück,

aber leider ohne die kostbaren Tage

meiner Hoffnungen.

Doch kehrt mit Dir nichts anderes zurück

als die traurig schmerzliche Erinnerung

an meine verlorene teure Liebste.

Du bist wohl jene,

die vormals so lieblich und schön war.

Ich aber bin nicht der, der ich einst war,

so gern gesehen in den Augen der Anderen.

 

 

NON GIACINTI O NARCISI

Non giacinti o narcisi,

ma piccioletti fior siamo, che Amore

manda a voi, di beltà candido fiore.

O, se il sol de' vostri occhi,

pur un poco ne tocchi,

saran vil alghe poi

e narcisi e giacint’a fronte a noi.

 

Weder Hyazinthen, noch Narzissen,

sondern niedere Blumen sind wir, welche die LIEBE

Euch, der Schönheit blütenweiße Blume, schickt.

O, wenn die Sonne Eurer Augen

uns nur kurz streifen würde:

gemeine Algen werden da neben uns

sowohl Narzissen, als auch Hyazinthen sein.

 

 

LA BOCCA ONDE…

La bocca onde l’asprissime parole

solean uscir ch’ir mi facean dolente

vie più di quante mai fur sotto il sole,

or nutre l’alma mia soavemente

d’odor di fresche rose e di viole,

cui cede ogn'altro che l’Arabia sente,

e d’ambrosia e di nettare si pasce,

ché tra le perle e i bei rubini nasce.

 

Der Mund, aus dem gewöhnlich die gröbsten Worte kamen,

die mich schmerzten,

weit mehr, als je unter der Sonne waren,

nährt nun sanft meine Seele

mit dem Duft von frischen Rosen und von Veilchen,

an den nichts heranreicht, was Arabien riecht,

und der sich aus Ambrosia und Nektar speist,

entfaltet er sich doch zwischen Perlen und schönen Rubinen.

 

 

DOLCISSIMI LEGAMI

Dolcissimi legami

di parole amorose

che mi legò da scherzo e non mi scioglie.

Così egli dunque scherza e così coglie?

Così l’alme legate

sono ne le catene insidïose?

Almen chi sì m’allaccia,

mi leghi ancor fra quelle dolci braccia.

 

Zarteste Bande

aus Liebesworten,

mit denen er mich im Scherz gefesselt hat und nicht losmacht.

So also scherzt er, und so kostet er es aus?

Sind so die Seelen in tückischen Fesseln zusammengebunden?

Wenn der, der mich so an sich bindet,

mich wenigstens noch in jenen zärtlichen Armen fesseln würde!

 

 

IL BIANCO E DOLCE CIGNO

l bianco e dolce cigno

cantando more, ed io

piangendo giung' al fin del viver mio.

Stran' e diversa sorte,

ch'ei more sconsolato

ed io moro beato.

Morte che nel morire

m'empie di gioia tutto e di desire.

Se nel morir altro dolor non sento,

di mille mort' il dì sarei contento.

 

Singend verendet der weiße, sanfte Schwan,

Und weinend bin ich

am Ende meines Lebens angelangt.

Eigenartig verschiedenes Los,

daß er ohne Tröstung stirbt

und ich glücklich sterbe.

Ein Tod, der mich beim Sterben

ganz und gar mit Freude und Verlangen erfüllt.

Wenn ich beim Sterben keinen anderen Schmerz verspüre,

würde ich mit tausend Toden am Tag vorliebnehmen.

 

 

AMOR MI FA MORIRE

Amor mi fa morire

E pur il vo seguire.

Non è gran duol il mio tenace e forte

Conoscer ch'io vo dietro a la mia morte.

Sotto ch' acerba sorte

Nacqui nel mondo che morir mi sento,

E d' abbraciar mi piace 'l mio tormento.

Deh voi ch' udite 'l mio grave lamento

Dite per dio, se'l dir non v'e molesto,

Non è miracol questo

Ch' amor mi fa morire

E pur il vo seguire.

 

Amor bringt mich noch um,

Und trotzdem will ich ihm folgen.

Sie ist kein schweres Leid, meine unerschütterliche Erkenntnis,

Dass ich meinem Tod hinterher gehe.

Mit welch bitterem Los

Bin ich zur Welt gekommen, dass ich spüre, wie ich sterbe,

Und dabei mit großer Freude meine Qual annehme?

Ach, Ihr, die Ihr meine traurige Klage hört,

Sagt um Himmels willen, wenn es zu sagen Euch nicht lästig fällt,

Ist das denn nicht ein Wunder,

Dass Amor mich ums Leben bringt

Und ich ihm trotzdem folgen will.

 

 

MIA BENIGNA FORTUNA

1  Mia benigna fortuna e 'l viver lieto,

i chiari giorni et le tranquille notti

e i soavi sospiri e 'l dolce stile

che solea resonare in versi e 'n rime,

vòlti subitamente in doglia e 'n pianto,

odiar vita mi fanno, et bramar morte.

 

2  Crudele, acerba, inexorabil Morte,

cagion mi dài di mai non esser lieto,

ma di menar tutta mia vita in pianto,

e i giorni oscuri et le dogliose notti.

I mei gravi sospir'; non vanno in rime,

e 'l mio duro martir vince ogni stile

 

1 Mein gütiges Schicksal und das fröhliche Leben,

die sorglosen Tage und die ruhigen Nächte

und die sanften Seufzer und der süsse Stil,

der gewöhnlich in Versen und Reimen nachklingt,

jäh umgeschlagen in Schmerz und Tränen,

lassen mich das Leben hassen und den Tod herbeisehnen.

 

2 Grausamer, bitterer, unerbittlicher Tod,

Du gibst mir Anlaß, niemals fröhlich zu sein,

sondern mein ganzes Leben in Tränen zu fristen,

und auch die finstern Tage und die schmerzvollen Nächte.

Meine schweren Seufzer passen nicht zu Reimen.

Und mein hartes Leiden überwältigt alle Stile.

 

 

DUE ROSE FRESCHE

Due rose fresche e colte in paradiso

l'altro ieri nascend’il di primo di Maggio

Bel dono e d'un amante antico e saggio.

Tra due minori egualmente diviso

 

Con si dolce parlar e con un riso

Da far innamorar un uomo selvaggio

Di sfavillante ed amoroso raggio

E l’un e l’altro fe’ cangiare il viso.

 

„Non vede un simil par d’amanti il Sole.“

Dicea, ridendo e sospirando insieme

E stringendo ambedue, volgeasi attorno.

 

Cosí partia le rose e le parole;

Ond’el cor lasso ancor s’allegra e teme:

O felice eloquenza! O lieto giorno!

 

Zwei frische Rosen, vorgestern, am ersten Maientag

aufblühend im Paradies gepflückt,

Ein schönes Geschenk, von einem alten und weisen Liebenden

In gleicher Weise an zwei junge Menschen verteilt,

 

Mit so freundlichen Worten und einem Lachen,

Daß ein grober Kerl sich verlieben könnte

In verliebt leuchtendes Strahlen,

Und er verlieh ihnen beiden eine andere Miene.

 

„Ein ähnliches Liebespaar sieht die Sonne nicht.“

Sagte er, wobei er zugleich lachte und seufzte,

Und umarmte sie nacheinander.

 

So verteilte er die Rosen und die Worte:

Worauf das immer noch unglückliche Herz sich aufheitert und ängstigt:

O glückliche Beredsamkeit! O freudiger Tag!

 

 

ANCOR CHE COL PARTIRE

Ancor che col partire

io mi sento morire,

partir vorrei ogn'hor, ogni momento:

tant'il piacer ch'io sento

de la vita ch'acquisto nel ritorno:

et cosi mill'e mille volt' il giorno

partir da voi vorrei:

tanto son dolci gli ritorni miei.

 

Auch wenn ich beim Weggehen

todtraurig bin,

möchte ich zu jeder Stunde, in jedem Augenblick gehen:

so groß ist die Lebenslust,

die mir die Rückkehr verschafft:

und so möchte ich tausendmal am Tag

von Euch weggehen:

so süß ist jedes Mal meine Rückkehr.

 

 

CH'IO NON T'AMI, COR MIO?

Ch’io non t’ami, cor mio?

Ch’io non sia la tua vita, e tu la mia?

Che per novo desio

e per nova speranza i’ t’abbandoni?

Prima che questo sia

morte non mi perdoni;

ma se tu sei quel cor’ onde la vita

m’è sì dolce e gradita,

fonte d’ogni mio ben, d’ogni desire,

come poss’io lasciarti e non morire?

 

Dass ich Dich nicht lieben könnte, mein Herz?

Dass ich nicht Dein Leben sein sollte, und Du das meine?

Dass ich Dich aus neuem Begehren

Und neuer Hoffnung wegen verlassen könnte?

Bevor das sein könnte,

möge mich der Tod nicht verschonen;

wenn Du jedoch jenes Herz bist, von dem her mir das Leben

so süß und annehmlich ist,

Quell all meines Wohlergehens, allen Begehrens,

wie könnte ich Dich verlassen und nicht sterben?

 

 

RIMANTI IN PACE

«Rimanti in pace» a la dolente e bella

Fillida, Tirsi sospirando disse.

«Rimanti, io me ne vo; tal mi prescrisse

legge, empio fato, aspra sorte e rubella.»

Ed ella ora da l'una e l'altra stella

stillando amaro umore, i lumi affisse

ne i lumi del suo Tirsi e gli trafisse

il cor di pietosissime quadrella.

 

„Bleib Du hier in Frieden,“, sagte Tirsis zur traurig schönen

Phyllis, und seufzte.

“Bleib Du hier, ich gehe jetzt; so hat es mir

Gesetz, gottloses Schicksal, bitteres und widriges Los vorgeschrieben.“

Und während sie aus dem einen und dem anderen Stern

bittere Tränen vergoß, heftete sie die Sterne

auf die Sterne ihres Tirsis und durchbohrte ihm

mit mitleidvollsten Pfeilen das Herz.

 

 

OND’EI, DI MORTE LA SUA FACCIA IMPRESSA…

Ond'ei, di morte la sua faccia impressa,

disse: «Ahi, come n'andrò senza il mio sole,

di martir in martir, di doglie in doglie?»

Ed ella, da singhiozzi e pianti oppressa,

fievolmente formò queste parole:

«Deh, cara anima mia, chi mi ti toglie?»

 

Woraufhin er mit Todesmiene sagte:

„Ach, wie soll ich denn ohne meine Sonne

nicht von Qual zu Qual, von Schmerz zu Schmerz gehen?“

Und sie, niedergeschlagen von Seufzern und vom Weinen,

brachte kraftlos folgende Worte hervor:

“Ach, teure Seele mein, wer nimmt Dich mir weg?“


Copyright © 2018 Hortus Musicus