a tribute to burkhard

Musik zum 60er von Burkhard Stangl

Werke von Rudolf Hinterdorfer, Wolfgang Liebhart, Dieter Kaufmann, Dietmar Pickl, Barbara Romen, Gunter Schneider und Burkhard Stangl

Hortus Musicus:

Christa Mäurer (Sopran)

Waltraud Russegger (Mezzosopran)

Michael Nowak (Tenor)

Günter Mattitsch (Bariton)

Dietmar Pickl (Bass)

Constanze Jantscher (Hackbrett)

 

Programm

 

Burkhard Stangl                          O Amato Mio      

(*1960)                                           (Text: altägyptisch)  

                                                               

Dieter Kaufmann                        Hommage à Burkhard Stangl

(*1941)                                           (Text: Dieter Kaufmann)

 

Dietmar Pickl                              November the Sixth    

(*1941)                                           (Text: Gertrude Stein) 

 

Burkhard Stangl                          O Amato Mio      

                                                      (Text: Burkhard Stangl)  

 

Wolfgang Liebhart                     Crabbed Age and Youth

(*1958)                                           (Text: William Shakespeare)

                                                      Gestern bekam ich [. . .]

                                                      (Text: Peter Turrini)

 

Gunter Schneider                       Burkhard 60

(*1954) 

 

Burkhard Stangl                         Der Mond nimmt zu und heilt sich aus. Eine Klage     

                                                      (Text: Christine Lavant)

 

Barbara Romen                          Sweet Dulcimer

(*1963)

 

Rudolf Hinterdorfer                    Abend

(*1947)                                           (Text: Alois Hergouth) 

 

Burkhard Stangl                         La mort des amants     

                                                      (Text: Charles Baudelaire)                                                             


Der Abend gilt einem langjährigen Begleiter des Hortus Musicus, einem musikalischen Lieferanten gleichsam, der für das Ensemble durch Jahre hindurch Kompositionen geschrieben hat, immer auch zu vorgegebenen Themen bzw. als Reflexionen auf Meister der Tradition (Gesualdo, Dowland et al.)

Begonnen hat diese Verbindung vor einem Viertel Jahrhundert anlässlich eines musikalischen Projekts, bei dem Burkhard E-Gitarre gespielt hat - er ist nicht nur Komponist, sondern eben auch Musiker - gemeinsam mit zwei anderen Gitarristen in zwei Werken, die Texte von Francois Villon als Vorlage hatten (Frank Martin Poèmes de la Mort und Triptychon über Francois Villon von Günter Mattitsch) für drei Sänger und drei E-Gitarren.

 

Einige von Stangls Kompositionskollegen haben für den heutigen Abend Gratulationsmusiken geschrieben:

Dieter Kaufmann schrieb einen Geburtstagsgruß und wirft in einem impertinent komplizierten Kanon existentielle Fragen für Komponisten auf, um schlussendlich mit Hommage à moi entweder in Eigenlob zu enden, oder möglicherweise doch an das umfangreiche und interessante Buch-und CD-Produkt mit dem gleichen Titel an Stangls 50. Geburtstag zu erinnern.

 

Gertrude Stein hat in ihrem A Birthdaybook für jeden Tag des Jahres einen Glückwunsch formuliert. Dietmar Pickl nimmt  den Eintrag zum 6. November (dem Geburtstag von Burkhard, übrigens auch der von Robert Musil, dem Vorzeige-Klagenfurter) als Text für das Mini-Stück.

 

Rudolf Hinterdorfers  Abend ist ein Gedicht aus dem Gedichtband Sladka Gora von Alois Hergout (1925-2002). Der Grazer Schriftsteller hat seit 1959 im slowenischen Ort Sladka Gora (Süßer Berg) inmitten von Weinbergen in einer Lehmhütte zeitweise eine zweite Heimat gefunden. An zwei Stellen zitiert Hinterdorfer Monteverdi: es sind die Schlusstakte in dessen Sestina, dem großen Klagegesang des Liebenden am Grab der Geliebten.

 

Gunter Schneider zählt nicht nur zu den ganz engen Komponisten-und MusikerkollegInnen von Burkhard Stangl, er zählt wohl auch selbst gerne. Schneider, ein die Zahlen liebender Komponist, ein Zahlenverliebter. Wie anders ist es zu erklären, dass sein Burkhard 60 letztlich nur aus Zählen besteht, mit der Anweisung an Ausführende und Publikum, den gezählten Zahlen Burkhard-gerechte Laute beizufügen. 

 

Wolfgang Liebhart hat zwei unterschiedliche Vorlagen für seine musikalische Aufwartung gewählt. Im Text von William Shakespeare Crabbed Age and Youth werden Vorzüge und Nachteile von Jugend und Alter verhandelt. Es ist keine Frage, wem der Vorzug gebührt. Und die Frage, zu welcher Lebensphase ein 60er zählt, soll hier nicht gestellt werden. 

 

Peter Turrini, der sich nie ein Blatt vor den Mund nimmt, sondern seine Gedanken gleich auf das Blatt formuliert, hat in seinem Gedicht Gestern bekam ich […] die ewige Sorge und Angst von Männern thematisiert, schamlos und direkt, versieht diese trostlose Angst aber schlussendlich mit einer tröstenden Geste.

 

Barbara Romen ist Komponistin und  Hackbrettspielerin. Wer könnte besser ein Stück für Hackbrett solo komponieren als sie? Sweet Dulcimer ist nicht nur von Titel her eine Liebeserklärung an ihr Instrument, sondern beschreibt auch die musikalischen Zärtlichkeiten, die auf ihm erklingen.

Zärtlich und drängend ist die Stimmung in Burkhard Stangls With You. Zum selbst verfassten Text lässt B.S. die Klangwelt von John Dowland und William Byrd durchscheinen, das Hackbrett vertieft die Atmosphäre. Der Text braucht im ersten Teil drei Stimmen, im zweiten fünf. 

Ganz anders das Begehren der und die Verzweiflung in der Liebe bei Carlo Gesualdo, Principe da Venosa, dessen harmonikaler Aura sich Stangl in O Amato Mio, einem altägyptischen Text, annimmt. B.S. dekonstruiert die Akkordik Gesualdos und setzt deren Elemente neu zusammen. So vertraut kann Verfremdung klingen.

 

Dem Gedicht von Christine Lavant Der Mond nimmt zu und heilt sich aus. Eine Klage fügt B.S. reinen Vokalklang bei. Der Text bleibt in der Komposition stumm, das Gedicht dient als Folie im musikalischen Hintergrund. Sprachklang ohne Worte.

Auch in der Vertonung von Charles Baudelaires La mort des amants zeigt B.S. die Möglichkeit, sich mit der Tradition zu beschäftigen, indem deren Bausteine herausgeschlagen werden, um mit ihnen ein neues Gebäude zu errichten.


Texte

 

Burkhard Stangl/altägyptisch

O amato mio 

O amato mio

Quant’è dolce recarsi al(lo)  stagno

E immergersi nei flutti davant’ai tuoi occhi

Mostrandoti come la mia veste di lino bagnata si sposa.

Bellezza del mio corpo

Dolcissima mia vita 

Vieni, vieni, vieni,

Guardami, guardami!

 

O mein Geliebter

O mein Geliebter!

Wie süß ist es, sich zum Teich zu begeben  

und vor Deinen Augen in die Wellen einzutauchen

und Dir zu zeigen, wie mein durch und durch nasses Leinenkleid sich anschmiegt.

Schönheit meines Körpers,  

Süßestes Leben mein,

Komm, komm, komm,

Sieh mich an, sieh mich an!

 

Dieter Kaufmann

„Hommage à Burkhard Stangl“

Für Burkhard Stangl zum sechzigsten Geburtstag.

Zum Geburtstag von Burkhard Stangl.

Alles Gute Burkhard Stangl zum Geburtstag.

Heimatlos, weil man sich überall zu Hause fühlt?

Musik zu schreiben,

Musik aufzuführen,

Musik zu leben

und damit ins Reine kommen.

Hommage à moi! 

 

Dietmar  Pickl/Gertrude Stein

November the Sixth

November the sixth when and when and as and as, as

readily.

November der sechste wann und wann und als und 

als, so sogleich.

 

Burkhard Stangl/Burkhard Stangl

With You

nights with you – like

a flow which is in the know

no morning this time

which says 'hello'

let me, take me -

how they are and sin

 

mit dir

abende mit dir – wie 

flüsse die wissen

kein morgen diesmal

der guten tag sagt

lass mich, nimm mich -

wie sie sind und sünden (Text und Übersetzung: Burkhard Stangl) 

 

Wolfgang Liebhart/William Shakespeare

Crabbed Age and Youth

Crabbed Age and Youth

Cannot live together:

Youth is full of pleasance,

Age is full of care;

Youth like summer morn,

Age like winter weather;

Youth like summer brave,

Age like winter bare:

Youth is full of sports,

Age's breath is short,

Youth is nimble, Age is lame:

Youth is hot and bold,

Age is weak and cold,

Youth is wild, and Age is tame:

Age, I do abhor thee;

Youth, I do adore thee;

O! my Love, my Love is young!

Age, I do defy thee -

O sweet shepherd, hie thee,

For methinks thou stay'st too long.

Das verdross’ne Alter und die Jugend

Zusammen können sie nicht leben:

Voll Vergnügen ist die Jugend,

Von Kummer voll das Alter;

Die Jugend ist ein Sommermorgen,

Wie Winterwetter indes das Alter;

Des Sommers Pracht ist die Jugend,

Ein kalter Winter ist das Alter:

Voll Sommerspiele ist die Jugend,

Kurzatmig aber ist das Alter,

Flink ist die Jugend, lahm das Alter:

Die Jugend ist heiß und verwegen,

Schwach und kalt das Alter,

Wild ist die Jugend, zahm das Alter:-

Alter, ich verabscheue dich;

Jugend, dich verehre ich;

O! Meine Liebe, mein Liebster ist jung!

Alter, dir widersetz’ ich mich -

O süßer Hirte, beeile dich,

Mich dünkt, zu lange wartest du. (Übersetzung: Dietmar Pickl)

 

Gestern bekam ich […] /Peter Turrini

Gestern bekam ich

keinen Steifen.

Vorgestern

auch nicht.

Und vorvorgestern

war er höchstens

halb steif.

Die Liebe ist eben

etwas Weiches

Zartes.

 

Rudolf Hinterdorfer/Alois Hergouth

Abend

Abend, das Wort aus dem Wasser,

dunkelt herauf,

steigt durch den Spiegel,

durch Gräser und treibendes Laub;

verfängt sich,

verwebt.

Ein Bärtiges, 

Flechten und Moos aus dem Grunde.-

Steigt durch den Spiegel

das altalte Mondwort,

das zweimal gebrochene Licht

in den äußersten Fluten des Schlafes. 

 

Burkhard Stangl/Charles Baudelaire

La mort des amants

Nous aurons des lits pleins d'odeurs légères,

Des divans profonds comme des tombeaux,

Et d'étranges fleurs sur des étagères,

Ecloses pour nous sous des cieux plus beaux.

Usant à l'envi leurs chaleurs dernières,

Nos deux coeurs seront deux vastes flambeaux,

Qui réfléchiront leurs doubles lumières

Dans nos deux esprits, ces miroirs jumeaux.

Un soir fait de rose et de bleu mystique,

Nous échangerons un éclair unique,

Comme un long sanglot, tout chargé d'adieux;

Et plus tard un Ange, entr'ouvrant les portes,

Viendra ranimer, fidèle et joyeux,

Les miroirs ternis et les flammes mortes. (Charles Baudelaire)

 

Der Tod der Liebenden

Wir haben Betten wie duftige Wellen,

und Lager wie Gräber weit und groß,

fremdartige Blumen stehn auf den Gestellen,

ersprossen aus herrlichster Himmel Schoß.

Wetteifernd, die letzten Gluten zu geben,

werden zwei Fackeln der Seele sein,

der doppelten Lichter spiegelndes Leben,

in unsren Gesichtern ein Zwillingsschein.

Eines Abends, blau-rosa, bei mystischer Hitze

verschmelzen wir in einem einzigen Blitze,

ein langer Schluchzer, von Abschied scheu;

Ein Engel kommt später, uns beiden zusammen

die Türen öffnend, belebt er auf's Neu

die getrübten Spiegel und toten Flammen. (Übersetzung: Manfred Thiel)


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